Märkte

Arbeitsthesen – Arbeitsgruppe 5

"Von der Serienproduktion bis zur Markterschließung"

Die Medizintechnikindustrie in Deutschland muss als Innovationsbranche ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit weiter ausbauen. Die nationale und internationale Vermarktung der hochentwickelten und komplexen Produkte und Lösungen ist ein entscheidender Schritt der gesamten Prozesskette in der Medizintechnik und damit ein maßgeblicher Ansatzpunkt für die Erarbeitung von Optimierungsstrategien.

Die zunehmende Bedeutung komplexer und hochgradig vernetzter Systeme fordert von den beteiligten Unternehmen, aber auch von Anwendern oder Kostenträgern, einen Paradigmenwechsel bei der Ausgestaltung von Marktstrategien, Geschäftsmodellen und Vernetzungsaktivitäten. Das Spektrum des erforderlichen marktspezifischen Wissens und der notwendigen technischen Kompetenzen ist so breit geworden, dass die Koordination zwischen den zahlreichen beteiligten Partnern, die gemeinsam an einer Systemlösung arbeiten, zur Schlüsselaufgabe wird.

Zugleich stellt sich die Erschließung internationaler Märkte als zunehmend komplexe Herausforderung dar. Neben den heterogenen regulatorischen Voraussetzungen haben sich die völlig unterschiedlichen Vergütungssysteme und die steigenden Markteintrittskosten zu Hürden entwickelt, mit denen sich Unternehmen konfrontiert sehen.

Da Unternehmen, insbesondere KMUs, dieses Know-How und die entsprechenden Ressourcen nicht immer kurzfristig aufbauen können, sind Hilfestellungen und Anreize angebracht. Ziel dieser Arbeitsgruppe ist es, den tatsächlichen Bedarf an Unterstützungsmaßnahmen für die Markterschließung zu eruieren und Handlungsempfehlungen für mögliche Strategien und eine Anpassung der Marktförderung, insbesondere bereits vorhandener Instrumente, zu erarbeiten.

Thema 1 "Neue Kooperationsmodelle und effiziente Standardisierungsprozesse angesichts zunehmender Vernetzung und Kommunikation von Systemen in der Medizintechnik"

Die fortschreitende Informationstechnologie führt in der Medizintechnik zu immer komplexeren Systemlösungen und Prozessverkettungen. Unternehmen, insbesondere KMU, können von Hilfestellungen bei der Bildung und Koordinierung geeigneter Unternehmensverbünde und Technologiepartnerschaften profitieren. In diesem Kontext erscheint u. a. die gezielte Förderung von "Open Innovation"-Plattformen sinnvoll. Ferner müssen Wege gesucht werden, um Medizintechnikunternehmen stärker für die aktive Erarbeitung von Standards und Normen sowie für das Vorantreiben des "Open Source"-Gedankens zu gewinnen.

Thema 2 "Innovative Geschäftsmodelle und eine durchgängige Betrachtung der gesamten Versorgungs- und Wertschöpfungskette"

Die enge Zusammenarbeit zwischen Industrie und medizinischen Leistungserbringern ist in allen Phasen der Technologie- und Wertschöpfungskette unabdingbar. Strategische Entwicklungspartnerschaften zwischen Leistungserbringern, Wissenschaft und Industrie mit frühzeitiger Einbindung der für die Regelversorgung Verantwortlichen (Organisationen der Leistungserbringer und Kostenträger) sowie die Durchführung von Modellprojekten müssen deshalb gerade im Bereich komplexer Prozessinnovationen stärker ausgebaut werden. Zukunftsweisende PPPModelle sind in der deutschen Krankenhauslandschaft aktuell noch nicht flächendeckend verbreitet. Hier gilt es, Vorbehalte bei Ländern, Kommunen und in der Öffentlichkeit abzubauen. Außerdem sollten Kostenträger stärker für die Realisierung sektorübergreifender Prozessinnovationen gewonnen werden.

Thema 3 "Hilfen für KMUs und Startups beim Einstieg in neue Märkte"

Mit der Exportinitiative Gesundheitswirtschaft existiert bereits ein leistungsfähiges Instrumentarium zur Unterstützung deutscher Unternehmen. Wichtig ist dabei eine enge Rückkopplung mit Akteuren und Experten, um die Angebote kontinuierlich weiterzuentwickeln, z.B. hinsichtlich der Aspekte Internationale Vergütungssysteme, Finanzierung der internationalen Expansion, IP-Management, Angebot für Zulieferer und Dienstleister. Da Deutschland international häufig als Technologieführer im Bereich Systemlösungen gesehen wird, sollte dieses Export-Potenzial konsequent genutzt werden. Dazu gehören u.a. vorzeigbare Modellvorhaben am Standort Deutschland. Ferner muss die Unterstützung bei der internationalen Patentierung geprüft werden.

Thema 4 "Mangel an Fachkräften im Bereich Vermarktung, Internationalisierung und marktspezifische Regulierung"

Unternehmen der Medizintechnikbranche wünschen sich eine stärkere Kompetenz von Hochschulabsolventen in den Bereichen Marktstrukturen, Internationalisierung und Arbeiten im regulierten Umfeld. Hier sollte ein gemeinsamer Weg zwischen Hochschulen und Industrie gefunden werden, um möglichen Defiziten zu begegnen. Modulare Studiengänge mit fakultätsübergreifenden Lehrinhalten aus Natur-, Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften können ein Zukunftsweg sein. Außerdem sind regionale Partnerschaften zwischen Hochschule und Wirtschaft und die Verstärkung von Praxisblöcken mögliche Ansätze. Daneben wird von deutschen Medizintechnikunternehmen das Potenzial eines Fachkräfteaustauschs bisher nicht sehr umfangreich genutzt.

Thema 5 "Internationale Harmonisierung in der Regulierung"

Die Zulassungssysteme der unterschiedlichen Wirtschaftsräume, speziell CE- und FDA-Raum, weisen tiefgreifende Unterschiede auf. Möglichkeiten, die Systeme CE und FDA stärker aneinander anzupassen oder zumindest die Vertrauensbasis für großzügige gegenseitige Anerkennungen zu erweitern, werden bereits vielfach diskutiert. In Anbetracht der im internationalen Vergleich sehr breiten Verteilung von Zuständigkeiten bei der Regulierung in Deutschland mit teilweise schlechter Übersichtlichkeit des Prozesses erscheint eine Verringerung der Komplexität wünschenswert. Fortschritte in diesem Prozess wären für die Medizintechnikindustrie, ganz besonders für KMU mit schnellen Innovationszyklen, von entscheidendem Vorteil für den internationalen Markterfolg.