Forschung

Arbeitsthesen - Arbeitsgruppe 1

"Vom medizinischen Bedarf über die Forschung bis zur technischen Demonstration"

Den zentralen Grundstein für Innovationen in der Medizintechnik legt eine zielgerichtete Forschung unter Einbindung der Innovatoren am Standort. Ausrichtung und Rahmenbedingungen der medizintechnischen Forschung sind damit erfolgskritisch für das gesamte Innovationssystem.

Die Medizintechnik ist ein ausgesprochen diverses Innovationsfeld hinsichtlich der Produktportfolien, der adressierten Indikationsfelder, der Einsatzgebiete innerhalb der Versorgungskette (Prävention, Diagnose, Therapie, Nachsorge, Rehabilitation, Pflege) als auch hinsichtlich der grundlegenden Kerntechnologien. Letztere sind die bislang dominanten Treiber für das Innovationsgeschehen. Weite Teile des Innovationssystems Medizintechnik sind dementsprechend Technologie- oder Produktorientiert ausgerichtet. Die zunehmende Komplexität und Interdisziplinarität der Forschung, die erhöhten Anforderungen an die klinische Erprobung und den Marktzugang sowie die Bemühungen vor allem staatlicher Gesundheitssysteme zur wirksamen Kostenkontrolle einerseits und zur erhöhten Versorgungsqualität andererseits machen eine Anpassung der Forschungs- und Innovationsprozesse erforderlich.

Vor diesem Hintergrund ist es die Aufgabe der Arbeitsgruppe, maßgebliche Einflüsse auf sowie Herausforderungen für die medizintechnische Forschung und maßgebliche Innovationsbeiträge der Medizintechnik zu thematisieren. Im Ergebnis sind neue Konzepte abzuleiten, die die Zielführung der innovationsorientierten Forschung signifikant verbessern.

Thema 1 "Zukünftige Medizinische Bedarfe angesichts des demographischen Wandels"

Die Gesundheitsversorgung wird weltweit zunehmend auf einen am bewerteten Patientennutzen ausgerichteten Wettbewerb umgestellt. Dieser Wettbewerb wird den Gesundheits- bzw. Krankheitszustand über die gesamte Versorgungskette in den Mittelpunkt stellen. Es ist daher zentral, das Innovationssystem Medizintechnik verstärkt am medizinischen Bedarf und der hierauf abgestimmten Versorgungskette auszurichten. Hierfür sind geeignete Ansätze zu verfolgen, das Systemverständnis zu verbessern, zukünftige Beiträge der Medizintechnik unter dieser Perspektive zu erarbeiten und entsprechende Anreize zu setzen.

Thema 2 "Mediziner als integraler Bestandteil der FuE in der Medizintechnik"

Mediziner spielen im Innovationssystem Medizintechnik eine zentrale Rolle. Sie sind Anwender und vielfach Ideengeber zugleich und stellen eine wichtige Schnittstelle zwischen der Klinik, klinisch relevanten Fragestellungen und der Forschung dar. Es sind geeignete Ansätze zu diskutieren, wie die Einbindung von Medizinern in den Innovationsprozess im Kontext der ärztlichen Aus- und Weiterbildung, der wissenschaftlichen Tätigkeit und der unter ökonomischen Bedingungen prioritär zu erbringenden Gesundheitsversorgung bestmöglich gestaltet werden kann.

Thema 3 "Neuausrichtung des Innovationssystems Medizintechnik im Zuge der Individualisierten Medizin"

Die individualisierte Medizin muss in vielerlei Hinsicht als disruptiver Ansatz in der Gesundheitswirtschaft angesehen werden. Sie ist daher ein Musterbeispiel für ein Innovationsfeld in der Medizintechnik, das Sprunginnovationen verspricht und damit zugleich große Chancen und große Risiken vereint. Derzeit muss es jedoch als offen angesehen werden, welche Rolle die Individualisierte Medizin in der Gesundheitsversorgung spielen wird, welchen Beitrag die Medizintechnik hierzu leisten kann und wie sich die Medizintechnik in Deutschland in Bezug auf dieses Innovationsfeld aufstellt. Es sind Wege und Ansätze (technologisch und methodisch) aufzuzeigen, die der Medizintechnik einen eigenständigen Zugang zu diesem Innovationsfeld - bei strukturiertem und risikoadjustiertem Vorgehen - ebnen.

Thema 4 "Medizintechnik im Wandel der Versorgungstrukturen und -konzepte"

Insbesondere die demographische Alterung der Bevölkerung wird zu einer Verschiebung des Morbiditätsspektrums führen. Diese Entwicklung hat insbesondere mit Blick auf das Thema Chronische Erkrankungen und Multimorbidität eine erhebliche versorgungsseitige Dimension. Die derzeit übliche sequentielle Versorgung, bei der die ambulante, stationäre und rehabilitative Versorgung sowie häusliche Pflege weitgehend unabhängig organisiert sind, wird zunehmend von einem integrierten sektorübergreifenden Ansatz abgelöst werden müssen. Dies erfordert die Etablierung kooperativer Versorgungsstrukturen und bietet zugleich neue Chancen für medizintechnische Innovationen. Hier sind Systemverständnis und -transparenz mit Blick auf die Medizintechnik zu erhöhen, aber auch Wege für einen versorgungs- und zugleich innovationsorientierten Forschungsansatz aufzuzeigen, der aus sozioökonomischer Sicht relevante Beiträge der Medizintechnik priorisiert.

Thema 5 "Finanzierung und kooperative Forschung"

Forschung und Entwicklung sind in der Medizintechnikbranche - unterstützt von staatlicher Forschungsförderung - zu großen Teilen innenfinanziert. Höhere Kosten für die klinische Erprobung, längere Entwicklungszeiten sowie höhere Ausfallrisiken aufgrund zunehmend komplexer medizintechnischer Lösungen machen neue Ansätze der Finanzierung und kooperativen Forschung zwischen Unternehmen, zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, aber auch unter Einbeziehung neuer Akteursgruppen wie z. B. Kostenträgern oder Wagniskapitalfinanzierern erforderlich, um die Forschungs- und Innovationsleistung insbesondere von KMUs am Standort aufrechtzuerhalten.